Jakob Heinrich Paetkau

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Pätkau, Jakob Heinrich geb. am 1 April 1895 in Nikolaipol (Borissower Ansiedlung, Ukraine), gest. 14.2.1947 in Sibirien; erste Ehe 1919 mit Katharina (geb. Giesbrecht), gest. in der Typhusepidemie 1919-20; zweite Ehe ca. 1921 mit Barbara (geb. Janzen); 4 Kinder 1907-1914 Studium an der Chortitza Zentralschule und das Chortitzer Lehrerseminar; 1914-1915 Lehrer in Schönhorst; 1917-1922, Dorfschullehrer in Karpowka (Memrik); 1921-1930 Ältester der Kalinower Mennonitengemeinde (Memrik).

Ältester Jakob Heinrich Pätkau war Sohn des Mühlenbesitzers und Predigers Heinrich Jakob Pätkau. 1907 zog die Familie Pätkau von Nikolaipol (Donezgebiet) nach Karpowka in der Memriker Ansiedlung. Nach Abschluss der Dorfschule besuchte Jakob die Chortitzer Zentralschule und anschließend das dortige Lehrerseminar. Nach Absolvierung desselben trat er seine erste Lehrerstelle in Schönhorst bei Chortitza an. Dann aber unterbrach der erste Weltkrieg seine kaum begonnene Lehrtätigkeit. Er trat in den Sanitätsdienst und bekam eine Stelle in der Kanzlei des Allrussischen-Semstwo-Verbandes in Moskau. Nach der Umwälzung in der Februarrevolution 1917 wurde er als ehemaliger Lehrer entlassen und durfte heimkehren. Im Herbst 1917 übernahm er die Schule zu Karpowka, wo er bis 1922 unterrichtete. Im Frühjahr 1921 wurde er von der Mennonitengemeinde in Kalinowo (Memrik) zum Prediger berufen. Die Gemeinde hatte innerhalb kurzer Zeit (1919-20) zwei Prediger und Ältesten an Typhus verloren. Pätkau verlor auch 1919 seine erste Frau zum Typhus und verehelichte ca. 1921 zum zweiten Mal mit Barbara Janzen aus Kalinowo. Der 27jährige Pätkau wurde schon im Herbst 1921 zum Ältesten gewählt. Nach etlichen Monaten musste er nun den Lehrdienst aufgeben und zog nach dem Dorfe Kalinowo, wo die Kirche erbaut war und wo die Gemeinde auch für ihren Seelsorger und seine Familie ein Wohnhaus erbaut hatte. Hier arbeitete er mit Lust und Liebe, widmete seine ganze Kraft seinem Volk. Er stand nicht nur der Gemeinde in den 10 Dörfern der Memriker Ansiedlung vor, sondern dehnte sein Wirkungskreis aus. Als in Januar 1925 die Bundeskonferenz aller Mennonitengemeinden von ganz Russland in Moskau tagte, war er auch als Delegat zugegen und nahm regen Anteil an den Verhandlungen und Beratungen. Pätkau wurde auf der Konferenz in den Vorstand der Kommission für Kirchliche Angelegenheiten (KfK) gewählt. Er arbeitete als Mitherausgeber des Konferenzblattes „Unser Blatt“ und unternahm im Auftrag der KfK längere Reisen (so z. B. 1927 nach Sibirien) um die vielen Glaubensbrüdern in den Gemeinden zu stärken. Die Roten Machthaber hatten sich in Moskau die Führer der Mennoniten Gemeinden wohl gemerkt und sie nicht mehr aus den Augen gelassen, und so fielen sie nach und nach den Henkersknechten in die Hände. Von den insgesamt 86 Teilnehmern wurden die meisten in den Jahren 1929-41 verhaftet und verbannt oder erschossen, nur 18 gelang es nach Kanada oder der USA auszuwandern. Als im Jahre 1926 die Möglichkeit für Pätkau und seine Familie bestand, auch nach Kanada auszuwandern, lehnte er es auf Wunsch seiner Gemeinde ab und blieb in Russland, um seinem Volke noch weiter dienen zu können. Im Jahre 1928 begann ein immer stärker werdender Druck auf das religiöse Leben. „Unser Blatt“ wurde eingestellt. Wie auf anderen Stellen wurden die Kirchen- und Predigersteuer immer höher geschraubt. Der Zweck war die Prediger so wie die Gemeinde als ganze die Lebensmöglichkeit zu nehmen. Im Herbst 1929, als so viele nach Moskau gingen in der Hoffnung aus Russland zu entkommen, fuhr Ältester Pätkau von einer Sitzung der KfK aus, die an der Molotschna stattgefunden hatte, auch nach Moskau, allein, ohne Familie, um zu erfahren wie die Sachen dort standen und um den Flüchtlingen beizustehen. Wie weit er nun selber plante, aus der Sowjethölle herauszukommen, können die Verwandten nicht gut feststellen. Als er in Moskau auf dem Nordbahnhof an der Kasse seine Fahrkarte lösen wollte schaute er sich um und blickte seinem geheimen GPU Begleiter ins Angesicht. Er fuhr eilend zurück nach Memrik, wurde gleich nach seiner Ankunft vor die GPU nach Jusowka (heute Donetzk) verlangt, konnte aber noch einmal zurückkehren zu seiner Familie. Seines Bleibens war aber nicht mehr lange auf Memrik. Er stand nun in ständiger Gefahr arretiert zu werden und ist dann Anfang 1930 mit seiner Familie nach dem Kuban (Nord-Kaukasus Gebiet), wo schon viele Prediger zeitweilig Asyl suchten und fanden, geflohen. Er lebte hier noch einige Jahre unter den schwierigsten Verhältnissen, war unstet und flüchtig. Hier hat er das Schicksal so vieler anderer geteilt, hat für seinen Herrn und seinen Glauben den Tod erlitten. Pätkau wurde hier im Kaukasus 1937-38 verhaftet und nach Sibirien verbannt. Die Familie wurde 1941 auch nach Sibirien deportiert. Seitdem fehlen sichere Nachrichten über sein Ergehen. Man weiß nur, dass seine Schwägerin Agathe Wiebe im Februar 1947 von Sibirien schrieb: „Jasch (so nannte man ihm im Geschwisterkreis) ist nicht mehr. . .“

Literatur: TÖWS, Aron A.: Märtyrer, 154-56; PATKAU, Esther,: The Paethkau Book, 74.


GÖRZ, Heinrich:. Memrik, Eine Mennonitische Kolonie in Russland, Rosthern: Echo Verlag, 1954, S. 19-29, 69. HEIDEBRECHT, Hermann: Auf dem Gipfel des Lebens, Vom Stallknecht zum Professor, vom Träumer zum Märtyrer. Bielefeld: Christlicher Missions Verlag, 2004, S. 165. LETKEMANN, Peter: A Book of Remembrance – Mennonite Victims of the Second Revolution, 1929-1941. (in Vorbereitung) PATKAU, Esther L.: The Paethkau Book, 1714-1987, Saskatoon, Sask.: Selbstverlag, 1987, S. 74. PÄTKAU, Jakob H.:. „Reisebericht,“ Unser Blatt 3/1 (Oktober 1927), S. 11-13. TÖWS, Aron A.: Mennonitische Märtyrer der jüngsten Vergangenheit und der Gegenwart. Winnipeg: Selbstverlag, 1949, S.154-56.